Sachkundige Person, Qualified Person, Leitung der Herstellung sowie Leitung Qualitätskontrolle
Das Seminar „Sachkundige Person, Qualified Person, Leitung der Herstellung sowie Leitung Qualitätskontrolle“ fand am 18.04.2023 in Unna bei Dortmund statt.
Spezialthemen mit Dr. Ingo Schneider
Der Referent Dr. Ingo Schneider ist bei Castringius Rechtsanwälte und Notare in Bremen tätig und referierte in dieser Veranstaltung über Spezialthemen für die Verantwortungsträger und das Personal in leitender und in verantwortlicher Stellung.
Hier einige Aspekte aus dem intensiven und doch kurzweiligen Programm rund um die Themen Verantwortung und Risiko
AMG und TAMG
Seit 2022 gilt das AMG nicht mehr für Tierarzneimittel. Interessant ist, dass die Herstellungserlaubnis im TAMG zur Zeit jedoch nicht geregelt ist. Seit 2023 ist für den GMP Sektor bei Tierarzneimittel eine Rechtsverordnung mit nur 4 Paragraphen in Kraft getreten.
Jeder trägt Verantwortung
Dabei gilt dieser Grundsatz: Hat sich bei einer Person ein Vorfall ereignet, ist dort auch der Haftungsgegenstand festzumachen. Also unabhängig von den leitenden Funktionen, wie Sachkundige Person, kann grundsätzlich jeder an seiner Stelle zur Verantwortung gezogen werden.
AMWHV § 16 Freigabe und Anhang 16
Freigabe ist nicht definiert im AMG. Im Anhang 16 sind diese Begriffe enthalten: Batch Certification und Batch Release (Freigabe). Batch Certification ist die Aufgabe der QP. Batch Release ist nicht die unbedingte Aufgabe der QP.
Der europarechtliche Aspekt: Die QP ist für Zertifizierung verantwortlich, nicht unbedingt für die Freigabe.
Sachkundige Person
Wie viele Arten von Sachkundigen Personen gibt es? Es gibt zwei:
- Sachkundige Person nach § 14 AM
- Sonstige sachkundige Person
Die sachkundige Person nach § 14 AMG wird als QP bezeichnet und ist daher auch in der Herstellungserlaubnis genannt. Ein Unternehmen mit Herstellungserlaubnis benötigt also mindestens eine sachkundige Person nach § 14 AMG. Die Vertretung, der Vertreter der sachkundigen Person nach § 14 AMG braucht nicht in der Herstellungserlaubnis zu erscheinen, benötigt aber die Sachkenntnis nach § 15 AMG. Also nur eine QP gemäß Herstellungserlaubnis ist zwingend notwendig.
Handlungsort und Erfolgsort
Dr. Ingo Schneider erläuterte ausführlich die Möglichkeiten der Gestaltung der online-Zertifizierung, wenn der Handlungsort und der Erfolgsort auseinanderfallen können. Dies betrifft beispielsweise die Remote Zertifizierung über online Zugänge.
Qualifikation
Das AMG kümmert sich nicht um die Qualifikation der Leitung Herstellung und Qualitätskontrolle, sondern lediglich um die der Sachkundigen Person. Gefordert ist im AMG in Verbindung mit der AMWHV eine angemessene Qualifikation der Leitung Herstellung und Qualitätskontrolle.
pU und AMHandelsV
Wenn ein pharmazeutischer Unternehmer (pU) Arzneimittel in Verkehr bringt, dann braucht der pU eine Großhandelsbetriebserlaubnis nach § 52a AMG.
Stufenplanbeauftragter
Die QP äußert sich nicht gegenüber der Behörde. Die verantwortliche Person für Risiken und Kommunikation mit Behörden ist der Stufenplanbeauftragte. Der Stufenplanbeauftragte entscheidet nicht über den Rückruf.
Delikt und Unterschriften
Die Frage ist: Kann sich die QP auf die Unterschriften der Leitung Herstellung und Leitung Qualitätskontrolle verlassen? Antwort: Ja. Eine angestellte oder vom Herstellunternehmen beauftragte QP ist nur deliktsrechtlich gegenüber Dritten, also z.B. Verbrauchern oder Vertragspartnern seines Arbeitgebers/Auftraggebers verantwortlich. Sie hat ja keinen Vertrag z.B. mit dem Vertragspartner des Arbeitgebers/Auftraggebers.
Was ist GMP aus Haftungssicht?
GMP ist haftungsrechtlich betrachtet so zu beschreiben: Organisationsregelungen, welche die für die im Verkehr erforderlichen Sorgfaltspflichten festlegen. GMP ist also ein Betriebsorganisationsrecht. Wenn GMP umgesetzt ist, ist keine Fahrlässigkeit nachweisbar.
Versicherungen
Es gibt keine gesetzliche Pflichtversicherung für den Hersteller, den Inhaber der Herstellungserlaubnis. Empfehlenswert ist aber unbedingt eine Betriebshaftpflichtversicherung, die auch die Risiken der Mitarbeiter, z. B. Funktion der sachkundigen Person-QP, Leitung der Herstellung und Leitung der Qualitätskontrolle mit einbezieht. Entsprechende Ausgestaltungen der Versicherungspolice sichern dies ab.
- Directors and Officers D+O: Die D+O ist eine Vermögensschadenshaftplichtversicherung. Der Abschluss einer D&O-Versicherung ist empfehlenswert, um die Risiken aufzufangen, welche die Tätigkeit als sachkundige Person in sich trägt. In der D+O sind nicht die Namen der entsprechenden Personen enthalten, sondern die Funktionsbeschreibungen.
- Haftungsfreistellung: Die Haftungsfreistellung ist eine Erklärung des Auftraggebers oder Arbeitgebers, dass die verantwortliche Person von der Haftung gegenüber einem Dritten freigestellt wird. In bestimmten Fällen ist die Haftungsfreistellung zu empfehlen
Was ist bei Geschäftsgeheimnissen zu beachten?
- Das Geheimnis muss gut geschützt sein durch geeignete Organisationsmaßnahmen des Unternehmens.
- Es gibt Grenzen des Geheimnisses: zum Beispiel im Umgang mit GMP Behörden.
- Verletzungen der Geschäftsgeheimnisse sind zu sanktionieren.
Zum Schluss noch einige Hinweise zur Vertretung und Delegation im GMP Umfeld
Vertretung
Was bedeutet eine Vertretung?
Im § 164 BGB bedeutet der Begriff Vertretung: Im eigenen Namen Willenserklärungen für die zu vertretende Person mit Vertretungsmacht abzugeben. Die Willenserklärungen gelten also unmittelbar für und gegen diese vertretene Person. Sinn der Vertretung ist die Erweiterung des Risikobereiches für die zu vertretende Person und den Stellvertreter. Vertretung ist also immer zeitlich begrenzt.
Delegation
Was bedeutet Delegation?
Delegation ist kein Rechtsbegriff. Die Verantwortung trägt also der Delegationsempfänger. Der Unterschied zum Auftrag: Bei einem Auftrag wird keine eigene Willenserklärung der beauftragten Person abgegeben. Delegation ist immer dauerhaft.
Bote
Was ist ein Bote?
Ein Bote ist nur der Übermittler einer Nachricht und trägt keine Verantwortung.