GMP-Inspektionen aus Sicht eines Überwachungsbeamten

Autor: Rico Schulze

Letzte Änderung: 20.12.2023

In Deutschland erfolgt die Durchführung von Inspektionen durch die zuständigen Behörden der Bundesländer auf der Grundlage von § 64 AMG. Die Vorgaben der Europäischen Union (EU) werden berücksichtigt. Richtlinie 2003/94/EG fordert die Beachtung der Sammlung der Gemeinschaftsverfahren für Inspektionen und Informationsaustausch. Das dort beschriebene Qualitätssicherungssystem wurde bereits vor 2000 in Deutschland implementiert und im Rahmen verschiedener Evaluierungsverfahren zwischen der EU und ihren Mutual-Recognition-Agreement(MRA)-Vertragspartnern als gleichwertig anerkannt.

 

Inspektionsjahresplanung, Inspektionsarten und Vorbereitung von Inspektionen

GMP-Inspektionen dienen dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier. Die Überprüfung der Einhaltung der arzneimittelrechtlichen und dabei insbesondere der GMP-Anforderungen ist ebenso Teil einer Besichtigung wie die Prüfung der Zulassungskonformität. Grundprinzipien und Vorgehensweise sind in verschiedenen nationalen und internationalen Regelwerken sowie den Verfahrensanweisungen des länderübergreifenden Qualitätssicherungssystems beschrieben.

Die Regelungen des AMG sehen Besichtigungen bei Herstellern im Abstand von i. d. R. maximal 2 Jahren vor, wobei diese Frequenz in der Praxis im begründeten Einzelfall sowohl verkürzt als auch verlängert werden kann. Bei größeren Betrieben, die während einer einzelnen Inspektion nicht vollständig überprüft werden können, sollen alle Bereiche wenigstens einmal innerhalb von 5 Jahren inspiziert werden. Dies stellt aus Sicht des Verfassers keinen Widerspruch zu § 64 Abs. 3a AMG dar, da man bei großen Unternehmen den Inspektionsprozess ohnehin als einen permanenten Vorgang betrachten kann. Als Inspektor muss man lernen zu akzeptieren, dass man während einer Besichtigung nicht alles begutachten kann. Es ist daher wichtig, von Beobachtungen im Detail auf das große Ganze schließen zu können. Es bedarf einiger Erfahrung, um eine ganzheitliche Beurteilung eines Betriebs nur in Kenntnis weniger ausgewählter Informationen vornehmen zu können.

Ein aus Sicht des Verfassers sehr hilfreicher Ansatz für eine Beurteilung anhand ausgewählter Details wird in der „Guidance for Industry – Quality Systems Approach to Pharmaceutical CGMP Regulations“ der FDA vom Sept. 2006 beschrieben. Dort stellt die Behörde ein Six-system Inspection Model vor. In diesem werden die GMP-Anforderungen in den USA – die dort anders als in Deutschland unmittelbar in einem Gesetz geregelt sind – in 6 verschiedenen Systemen kategorisiert. Mindestens 2 dieser Systeme werden während einer unter Anwendung dieses Modells durchgeführten Besichtigung überprüft.
Bei diesen 6 Systemen handelt es sich um die Bereiche:

  • Produktion (Production System)
  • Verpackung (Packaging & Labeling System)
  • Qualitätskontrolle (Laboratory Controls System)
  • Materialien (Materials System)
  • Räume und Ausrüstung (Facilities & Equipment System)
  • Qualitätssystem (Quality System), welches die o. g. 5 Systeme umspannt

Bei einem der beiden mindestens zu überprüfenden Systeme muss es sich zwingend immer um das Qualitätssystem handeln – was aufgrund seiner übergeordneten Bedeutung und seines Einflusses auf die anderen Bereiche sehr sinnvoll ist: Funktionieren die essenziellen Bestandteile des Qualitätssystems nicht, wird eine Erfüllung der GMP-Anforderungen in der Praxis immer dem Zufall überlassen sein.

Dass sich die Anwendung eines an diesem Modell angelehnten Konzepts bisher in Europa nicht durchgesetzt hat, dürfte zu einem wesentlichen Teil der vergleichsweise anspruchsvollen Inspektionsplanung geschuldet sein.

Grundlage einer jeden Inspektionsplanung ist der von den Inspektoraten erstellte Inspektionsjahresplan. Dieser enthält Aussagen zum voraussichtlichen Besichtigungstermin, zum Zeitbedarf und den Schwerpunkten der Besichtigung. Die personellen Ressourcen des Inspektorats müssen dem Bedarf entsprechen, damit die Durchführung regelmäßiger Inspektionen möglich ist. Die Vorgehensweise einer risikoabgestuften Bewertung von Herstellern ist im Formular zur Verfahrensanweisung 07110105 „Erstellen eines risiko- und zeitabhängigen Inspektionsplans im GMP- und GFP- Bereich“ beschrieben.

Im Einzelfall muss sich der überwachende Inspektor vor der Besichtigung mit dem Betrieb vertraut machen. Hierfür ist eine Einsichtnahme in die in der Vergangenheit angefertigten Inspektionsberichte – insbesondere natürlich den über die vorhergegangene Inspektion – sowie die anderen in der Behörde geführten Akten zum Unternehmen erforderlich. Von dem Unternehmen aufgrund der bei der vorangegangenen Besichtigung festgestellten Mängel festgelegte Folge- und Korrekturmaßnahmen sollen bei der Vorbereitung ebenso berücksichtigt werden wie in der Zwischenzeit evtl. aufgetretene Zwischenfälle und Beanstandungen.

Ein weiteres wichtiges Dokument zur Vorbereitung auf eine Besichtigung stellt das vom Hersteller anzufertigende Site Master File (SMF, Firmenbeschreibung) dar, in dem wesentliche Informationen zur Betriebsstätte enthalten sein sollen. Hinweise zur Erstellung eines SMF sind im Dokument „Explanatory Notes on the preparation of a Site Master File“ enthalten, das Bestandteil von Teil III („GMP related documents“) des EU-GMP-Leitfadens und auf der Webseite der Europäischen Kommission einsehbar ist.

Ein SMF sollte der zuständigen Behörde auf Anforderung vorgelegt werden können, damit sich diese vor der Inspektion sämtliche erforderlichen Kenntnisse über das zu besichtigende Unternehmen aneignen kann. Das SMF soll kurz und prägnant gehalten werden. Für die Vorbereitung einer Besichtigung von erheblicher Bedeutung ist die Entscheidung, welche Art von Inspektion durchgeführt werden soll. Dabei ist zunächst zwischen Besichtigungen vor der Zulassung und im Zusammenhang mit einem Zulassungsantrag (Pre-Approval) sowie solchen nach erteilter Zulassung (Post-Approval) zu unterscheiden:

Pre-Approval-Inspektionen sind auf die Angaben im Zulassungsantrag gestützt und sollen die Qualität und Richtigkeit der Zulassungsunterlagen und der diesen zugrundeliegenden Dokumenten bewerten. Sie werden nicht von den GMPÜberwachungsbehörden der Länder, sondern von den Zulassungsbehörden initiiert und durchgeführt. Die örtlich zuständige GMP-Überwachungsbehörde wird dabei üblicherweise durch die Zulassungsbehörde vorab kontaktiert, sodass auch gemeinsame Inspektionen unter der Federführung der Zulassungsbehörde möglich sind. Die Rechtsgrundlage für diese Inspektionen stellt § 25 Abs. 5 Satz 3 AMG dar.

Im Zusammenhang mit dem zentralisierten Zulassungsverfahren werden regelmäßig auch von der EMA Pre-Approval-Inspektionen angefordert. Die sog. Rapporteure – die Bearbeiter des Zulassungsantrags – stellen dabei häufig einen Fragenkatalog auf, der von  den Inspektoren im Rahmen der von ihnen durchgeführten Besichtigungen abgearbeitet wird. In der Regel sind die örtlich zuständigen GMP-Inspektorate an einer solchen Besichtigung beteiligt.

Pre-Approval-Inspektionen können sich auch auf Unterlagen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen beziehen.

Wenn die Inspektoren der deutschen Länderbehörden von GMP-Inspektionen sprechen, dann sind damit üblicherweise die von ihnen durchgeführten Post-Approval-Besichtigungen gemeint. Diese können unterschieden werden in Abnahme-, Regel- oder anlassbezogene Inspektionen, in allgemeine, produkt- oder verfahrensbezogene Besichtigungen, und auch eine Unterteilung in vollständige und Teilinspektionen ist in der Praxis üblich. Darüber hinaus können alle Besichtigungen im Falle schwerwiegender oder kritischer Beanstandungen auch eine Nachinspektion zur Folge haben, in der dann wiederum andere Schwerpunkte gesetzt werden als bei der vorangegangenen Besichtigung.

Vor Erteilung einer Herstellungs- oder Einfuhrerlaubnis, wenn wesentliche Änderungen durchgeführt wurden oder wenn das Arzneimittelspektrum erweitert werden soll, muss immer eine Inspektion durchgeführt werden (Abnahmeinspektion).

Regelinspektionen sollen in dem auf Basis einer Risikobewertung festgelegten Abstand vorgenommen werden. Falls möglich, können und sollen Inspektionen auch mit wechselnden Schwerpunkten durchgeführt werden.

Vor der Durchführung der Inspektion sollte durch den verantwortlichen Inspektor immer ein Inspektionsplan erstellt werden, der dem pharmazeutischen Unternehmen vorab zur Verfügung gestellt werden kann. Eine Abstimmung des Inspektionsablaufs mit dem betroffenen Betrieb ist oftmals sinnvoll, da auf besondere Bedingungen vor Ort Rücksicht genommen werden kann. Das Inspektionsteam sollte bemüht sein, diesen Plan einzuhalten, auch wenn dies nicht in allen Fällen gelingen wird. In Fällen von Verzögerungen, Abweichungen und Besonderheiten, die einer längeren Anwesenheit vor Ort bedürfen, ist ein Bestehen auf die Einhaltung des Plans oder sogar ein Beenden der Inspektion nach Plan durch das Unternehmen nicht möglich, da dies den Bestimmungen von § 66 AMG zuwiderlaufen würde.

Eine frühzeitige Ankündigung von GMP-Besichtigungen ist in Deutschland üblich, allerdings können Besichtigung stets auch unangekündigt durchgeführt werden. Gerade im Fall anlassbezogener Inspektionen dürften unangekündigt vorgenommene Besichtigungen repräsentativere Ergebnisse liefern.

 

MRA-Abkommen und GMP-Inspektionen im Ausland

Verfahrensanweisungen und Aide-Mémoires des behördlichen Qualitätssicherungssystems sollen auch im Falle von GMP-Besichtigungen durch deutsche Behörden im Ausland – d. h. in Ländern außerhalb des EWR – Anwendung finden. Von besonderer Bedeutung ist die Verfahrensanweisung 07110304 „Organisatorische Aspekte der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von GMP-Drittlandinspektionen“. Auch die von den Herstellern im Ausland zu erfüllenden GMP-Anforderungen unterscheiden sich nicht von dem, was inländische Produzenten einhalten müssen: Wenn Arzneimittel im EWR in den Verkehr gebracht werden sollen, sind die Anforderungen des EU-GMP-Leitfadens zu beachten. Verstoßen ausländische Hersteller gegen diese Forderungen, kann eine Serious GMP-Non-Compliance-Meldung erstellt und in EudraGMDP veröffentlicht werden.

Die Notwendigkeit, Inspektionen im Ausland durchzuführen, ergibt sich in Deutschland aus § 72a Abs. 1 AMG. Inspektionen in Staaten außerhalb des EWR sind immer dann erforderlich, wenn die EU mit dem jeweiligen Land kein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (MRA oder ACAA) abgeschlossen hat.

Bei den genannten Abkommen handelt es sich um Vereinbarungen, die eine Vielzahl unterschiedlicher Bereiche abdecken. In den jeweiligen Anhängen der Abkommen zu GMP ist die gegenseitige Anerkennung der behördlichen Inspektionssysteme im Arzneimittelbereich vorgesehen. Auch die deutsche Arzneimittelüberwachung unterliegt im Rahmen dieser Abkommen einem fortlaufenden Bewertungsprozess. Die gegenseitige Anerkennung schließt die gesetzlichen Grundlagen, die GMP-Regelwerke, die Aufbau- und Ablaufstruktur, die vorhandenen Ressourcen sowie die installierten Qualitätssicherungssysteme für den gesamten Bereich der GMP-Überwachung ein. Der Nachweis der Gleichwertigkeit wird i. d. R. durch eine Dokumentenprüfung und durch Vor-Ort-Bewertung der Überwachungsbehörden einschließlich von Inspektionen (observed inspections) bei Herstellern erbracht.

Im Febr. 2022 hatte die EU Verträge mit insgesamt 7 anderen Staaten abgeschlossen: Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Schweiz, USA (alle MRA) sowie Israel (ACAA). In diesen Ländern finden Inspektionen durch „europäische“ und deutsche Behörden nur statt, wenn die zur Einfuhr vorgesehenen Arzneimittel oder MTMG-Wirkstoffe nicht von dem jeweiligen Abkommen erfasst werden. Dies trifft z. B. auf ATMP zu, die in diesen Ländern (Ausnahme: Schweiz) hergestellt werden und in die EU importiert werden sollen. Eine Übersicht über den Geltungsbereich der einzelnen Abkommen ist auf der EMA-Webseite einsehbar.

Einen Sonderfall stellt das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland dar. Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ermöglicht eine gegenseitige Anerkennung von GMP-Dokumenten, ohne dass hierfür ein separates „echtes“ MRA oder ACAA geschlossen wurde.

Aus Sicht der Hersteller bieten MRA- und ACAA-Abkommen den Vorteil, dass sie nur von der für sie örtlich zuständigen lokalen Behörde – und gerade nicht mehr von der Behörde des Drittstaats – inspiziert werden. Darüber hinaus können sie auf Bestätigungen des Herstellers im MRA-Staat Bezug nehmen und auf die ansonsten erforderliche Wiederholungsprüfung nach erfolgter Einfuhr verzichten. Diese Ausnahme gilt nicht für aus dem Vereinigten Königreich importierte Arzneimittelchargen (Es sei denn, die Einfuhr erfolgt nach Irland, Malta oder Zypern).

In Bezug auf die Einfuhr von Wirkstoffen, die nicht unter den Begriff der MTMG-Wirkstoffe fallen – z. B. chemisch synthetisiert wurden oder pflanzlicher Herkunft sind –, ist die rechtliche Situation etwas anders. Hier ist eine Besichtigung des Herstellers im Drittstaat grundsätzlich immer nur dann erforderlich, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

1. Es findet kein Abkommen zwischen EU und Drittstaat Anwendungn

2. Das Herstellungsland ist nicht auf einer von der Europäischen Kommission veröffentlichten Liste (White List) aufgeführt.

3. Es liegt keine Bestätigung der zuständigen Behörde des Herstellungslands (Written Confirmation) vor.

Aus der Written Confirmation müssen neben dem Namen der ausstellenden Behörde des Drittstaats auch Name und Adresse der Herstellungsstätte im Drittland sowie die Bezeichnung des Wirkstoffs oder der Wirkstoffe ersichtlich sein. Darüber hinaus muss die ausstellende Behörde bestätigen, dass die EU-GMP-Regeln oder gleichwertige Standards (z. B. ICH Q7 oder die GMP-Regeln der WHO) eingehalten wurden und die Herstellungsstätte regelmäßig überwacht wird. Die Überwachung muss auch wiederholte und unangekündigte Inspektionen beinhalten. Im Falle wesentlicher Abweichungen von den anerkannten GMP-Regeln muss die zuständige Behörde in der EU informiert werden.

Aus Sicht des Verfassers ist der oftmals vergleichsweise lange Vorlauf für Inspektionen, die durch Behörden der EU-Mitgliedstaaten im Ausland durchgeführt werden, problematisch. Besichtigungen von Herstellungsstätten in Ländern, in denen ein Visum zur Einreise erforderlich ist, müssen oftmals bereits 3 oder mehr Monate im Voraus angekündigt werden. Ob in diesen Fällen tatsächlich stets repräsentative Inspektionsergebnisse erhalten werden, ist ungewiss. Der von der FDA beschrittene Weg, im Ausland (z. B. in China oder Indien) eigene Büros zu unterhalten und damit erforderlichenfalls schneller handeln zu können, erscheint hier grundsätzlich besser geeignet.

 

Ausblick: GMP-Überwachung in der Zukunft

Blicke in die Zukunft haben es an sich, immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden zu sein. Daher kann an dieser Stelle keine verlässliche Aussage gemacht werden, wie die GMP-Überwachung in Deutschland in 5 oder 10 Jahren aussehen wird. Vermutlich werden neuere Entwicklungen in der Arzneimittelherstellung an Bedeutung gewinnen, was andere – hohe – Anforderungen sowohl an die Hersteller als auch an die Inspektoren stellen wird. Schlagwörter für solche Entwicklungen sind z. B. Quality by Design, Prozessanalysentechnik und – als Gegenstück zu Chargenfertigung – kontinuierliche Produktion. Auch die Bewertung der Eignung ganzheitlicher Konzepte, wie z. B. die geforderte Contamination Control Strategy im überarbeiteten Anhang 1 zum EU-GMP-Leitfaden, wird die Inspektoren vor neue Herausforderungen stellen. Die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung werden weitere Wege eröffnen, um die Pharmaproduktion und ihre komplette Supply Chain potenziell zu verändern. Auch diese Entwicklungen werden für die Inhalte einer GMP-Überwachung nicht folgenlos bleiben.

Weiter zunehmen wird die Bedeutung des Qualitätsrisikomanagements – und zwar ebenfalls nicht nur auf der Seite der Hersteller, sondern auch in Bezug auf deren Überwachung. Dies wird von den Inspektoren verlangen, sich mit der Notwendigkeit der Umsetzung von Anforderungen des EU-GMP-Leitfadens im konkreten Einzelfall noch stärker als bisher auseinanderzusetzen. Eine Forderung, wonach zur Sterilfiltration eingesetzte Filter vor ihrem Einsatz einer Integritätsüberprüfung unterzogen werden sollen, scheint aus Sicht des Verfassers z. B. sinnvoll, wenn ein Zusetzen des Filters während des Einsatzes und damit ein falsches Ergebnis am Prozessende nicht ausgeschlossen werden kann.

Ob sich aus den beiden „Skandalen“, die die Pharmawelt oder zumindest Pharma-Deutschland 2018 erschütterten und bei denen auch die involvierten offiziellen Stellen keine befriedigende Rolle gespielt haben (Inverkehrbringen mit Nitrosaminen belasteter sartanhaltiger Arzneimittel und der Fall Lunapharm), Konsequenzen für die Überwachungsstrukturen in Deutschland ergeben werden, bleibt abzuwarten. Im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung wurde festgelegt, dass die Bundesoberbehörden künftig bei Arzneimittelrückrufen und den Kontrollen der Hersteller in Drittstaaten mehr Befugnisse haben. Um in Zukunft Fälle wie Lunapharm besser verhindern zu können, haben beinahe alle Bundesländer zahlreiche neue Stellen für ihre Überwachungsbehörden geschaffen. All dies wird nicht dazu führen, dass die GMP-Überwachung in Deutschland zukünftig komplett durch eine zentrale Stelle erfolgen wird. Es dürfte jedoch kaum strittig sein, dass die Überwachungsstellen in Deutschland ihre Ressourcen noch stärker bündeln und auch die internationale Zusammenarbeit mit Behörden und offiziellen Stellen stärken müssen. Nur so wird es gelingen, den Herausforderungen auch in Zukunft gerecht zu werden und gemeinsam mit Herstellern und Importeuren dafür Sorge zu tragen, dass nur qualitativ hochwertige Medikamente ihren Weg zum Patienten finden.

*) Gekürzter Beitrag aus Pharm. Ind. 2022;84 (10):1160–1168.

Disclaimer Die Darstellungen bilden den aktuellen Kenntnisstand, bzw. die Sichtweise des Vortragenden ab und dienen der Informationsvermittlung. Sie entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung von Behörden, Inspektoren oder Auditoren. Obwohl sie mit großer Sorgfalt erstellt wurden, kann in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.

Rico Schulze ist seit April 2019 im Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt in dieser Funktion im Referat 21: Grundsatzangelegenheiten der Abteilung. Rico Schulze ist in der AG AATB tätig: Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen der AOLG. Rico Schulze war von 2001 bis 2019 als GMP und GDP-Inspektor in der Arzneimittelüberwachung des Freistaates Sachsen tätig. Er war seit ihrer Gründung bis 2014 Leiter der behördlichen Expertenfachgruppe Radiopharmaka. Ein besonderer Aufgabenschwerpunkt von Rico Schulze war die Überwachung der Herstellung patientenindividueller Arzneimittelzubereitungen. Im Zeitraum von 2009 bis 2011 war er als Referent für Arzneimittel- und Apothekenwesen beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz an der nationalen und europäischen Rechtsetzung beteiligt. Rico Schulze verfügt neben der Approbation als Apotheker auch über einen Abschluss als Diplom-Betriebswirt.