Dokumentation und Datenintegrität: User ID bis True Copy

Autor: Dietrich Wallenfels

Letzte Änderung: 23.08.2022

Die Teilnehmer des

Webinars Datenintegrität

am 07.02.2019 hatten diese Fragen an den Fachexperten Dietrich Wallenfels, F. Hoffmann-La Roche AG:

Wie sieht das mit Herstellerfirmen aus? Brauchen die auch einzelne Anmeldungen? Oder da hier Adminrechte bestehen okay?

Ja, jede Person, die mit einem GMP-, IT- oder Automationssystem arbeitet, benötigt eine eindeutige Identifizierung (User-ID). Es muss nachverfolgt werden können, welche Person mit dem System gearbeitet hat.

Wie ist bei ihnen die Kommentierung von Korrekturen geregelt? Wann müssen sie kommentieren und wann nicht?

Die Korrektur muss plausibel sein. Es muss ersichtlich sein, warum die Korrektur erfolgte. Nach meiner persönlichen Ansicht sind z. B. Fehler bei der Jahreszahl zu Beginn eines neuen Jahres Korrekturen, die nicht weiter kommentiert werden müssen, weil es sich um einen häufigen menschlichen Fehler handelt und aufgrund des Jahreswechsels in sich plausibel sind.

Korrekturen GMP-relevanter Einträge, z. B. mit direkter Auswirkung auf die Produktqualität wie Messwerte, sollten immer kommentiert werden.

Und gab es diesbezüglich Probleme bei Audits?

Nein, entsprechend geschulte Mitarbeitende bearbeiten auch Korrekturen so, dass der Sachverhalt vollständig nachvollziehbar und plausibel ist.

Aber was steht bei Ihnen in der SOP diesbezüglich? Steht dort „plausibel“ in der SOP?

Ja.

Müssen Anlagenzulieferer Service-Zugänge personenbezogen gestalten oder reicht eine Identifikation pro Service-Eingriff?

Auch die Hersteller/Zulieferer müssen über den Personen eindeutig zuordenbare Systemzugänge arbeiten, spätestens mit Inbetriebnahme der Anlage. Es muss verhindert werden, dass vom Hersteller/Zulieferer bei Wartungs- oder Servicearbeiten nicht nachvollziehbare Änderungen vorgenommen werden. Es muss klar sein, dass die Personen, die am System gearbeitet haben, dafür auch qualifiziert und autorisiert waren.

Spricht etwas dagegen wenn Audit Trail und Action Log zusammengelegt sind?

Nein. Die Übersichtlichkeit kann darunter leiden, aber es gibt, meiner Kenntnis nach, keine Anforderung einer Trennung.

Ist eine Filterfunktion der Audit Trail Liste elektronisch sinnvoll? Muss in gedruckter Version Filter gekennzeichnet werden?

Zur besseren Übersicht ist eine Filterfunktion, die z. B. Grenzwertverletzungen von einfachen Systemmeldungen herausfiltert sehr sinnvoll.

Bei einer gedruckten Version eines gefilterten Audit Trails wäre eine entsprechende Kennzeichnung sinnvoll, damit klar wird, dass hier nicht alle Einträge ersichtlich sind.

Muss dies wirklich auf dem Ausdruck gekennzeichnet werden? Es handelt sich schließlich um Arbeitskopien zu Review-Zwecken. Nicht um Rohdaten.

Auf alle Fälle ist die Kennzeichnung der Liste eine wichtige Information! Wegen der wiederholten Fragestellung gehe ich davon aus, dass die Kennzeichnung der Listen anscheinend nicht ganz einfach ist. In diesem Fall lohnt es sich, den Vorgang des Reviews in einer Arbeitsanweisung zu beschreiben und darin die Verwendung der gefilterten Liste einschließlich einer Rationalen (Risiko?) zu beschreiben. Dann ist prozedural geregelt, dass der Review auf einer Liste basiert in dem nicht relevante Informationen rausgefiltert wurden.

Ist in Ihrer Definition ein Chargen-Report ebenfalls eine Form des Audit Trails?

Ja, der Chargenreport (ich gehe hier von der Datenerfassung eines automatisierten Systems aus) enthält Ereignisse und Vorgänge, die die Chargenverarbeitung begleitet haben.

Es gibt für Betriebsmittel FDA Konformität / Siegel, ist so etwas in Zukunft auch für Atomatisierungssysteme, die vielleicht über GMP vorvalidiert wurden.

Hersteller von Serienprodukten (z. B. Waagen, Filtertestgeräte) bieten Qualifizierungs- und/oder Validierungsleistungen an. In Abstimmung mit dem Kunden, also Ihnen, können diese Leistungen auch einen sinnvollen Beitrag leisten (vgl. Annex 15). Letztendlich muss die Funktion des Systems aber unter Anwendungsbedingungen Ihren und den GMP-Anforderungen entsprechen, was für den Hersteller alleine nicht machbar ist.

Zusammengefasst: Sie können angebotene Qualifizierungs-/Validierungs- Leistungen annehmen, aber zur vollständigen Validierung sind Tests unter Betriebsbedingungen unerlässlich.

Es wäre gut auf die Papierdokumente zu verweisen, die aufgrund ihres Status als GxP-Dokument nach dem elektronischen Archivieren nicht vernichtet werden DÜRFEN. Ich denke da beispielsweise an ältere Validierungsdokumente, die (noch) auf Papier unterschrieben und freigegeben wurden.

Hier die ausführliche Antwort mit Referenz auf die relevanten Dokumente:

Zur Konvertierung von Papierdokumenten in ein elektronisches Format kann man im Guidance for Industry der FDA unter 9. lesen, dass elektronische Kopien als True Copies angesehen werden können, wenn sichergestellt ist, dass die Informationen zur Nachvollziehbarkeit der cGMP-Aktivität in der Kopie ersichtlich sind. Unter 10. heisst es dann weiter, dass die Aufbewahrungspflichten durch das Original

oder

eine True Copy erfüllt werden.

Daraus lässt sich ableiten, dass eine elektronische Kopie eines Papierdokuments als dem Original gleichwertig angesehen werden kann, sofern die elektronische Kopie als entsprechend vollständig bestätigt wurde. Mit anderen Worten, die elektronische Kopie kann das Original auf Papier ersetzen und damit auch die Schlussfolgerung, dass das Original auf Papier unter diesen Bedingungen vernichtet werden kann. Dies setzt natürlich voraus, dass der Prozess der Konvertierung Papier -> el. Kopie, die Verifikation, die Archivierung der True Copy als auch die Vernichtung des Papierdokuments beschrieben und eingeführt ist.
Genau das wird auch im GXP Data Integrity Guidance and Definitions der MHRA unter 6.11.2 beschrieben.

Zusammengefasst: Raw Data (Papier) lässt sich durch True Copies vollständig ersetzen.
Wir haben den Prozess in dieser Form eingeführt und hatten damit bisher auch noch keine Probleme.

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