CBD Tropfen sind zulassungspflichtige Arzneimittel

Autor: René Marrek

Letzte Änderung: 15.05.2023

Urteil des Verwaltungsgerichts in Köln vom 22.03.2022 (Az. 7 K 954/20)

 

Einleitung

CBD-haltige Produkte erfreuen sich mittlerweile in Deutschland einer immer größeren Beliebtheit bei Anwendern und sind vielerorts als Nahrungsergänzungsmittel oder als Kosmetikum zu erwerben. Was die meisten Verbraucher jedoch nicht wissen ist, dass der Status CBD-haltiger Produkte juristisch diskutabel ist. Nachdem bereits das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) seine Auffassung zum rechtlichen Status solcher Produkte mitteilte, hat nun das Verwaltungsgericht in Köln hierzu ein Urteil gesprochen, welches der Auffassung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entspricht. Das Urteil kann in nächsthöherer Instanz noch angefochten werden, jedoch kann dieses Urteil bereits jetzt als bedeutsam für den deutschen CBD-Markt angesehen werden.

 

Hintergrund

Die Klageseite hatte CBD-haltige Tropfen mit verschiedenen Gehalten als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht. Die empfohlene Verzehrmenge der Produkte wurde mit 18 mg bzw. 45 mg CBD täglich angegeben. Die Erzeugnisse wurden ohne arzneiliche Zweckbestimmung vermarktet. Die Pharmakologische Wirkung sei zudem in den empfohlenen Mengen nicht belegt. Hierbei bezog sich die Klägerin auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach eine pharmakologische Wirkung nur dann anzunehmen sei, wenn eine nennenswerte bzw. signifikante Beeinflussung physiologischer Funktionen stattfinde. Als weitere Argument führte die Klägerin an, dass die empfohlene Verzehrmenge auch auf dem Wege der natürlichen Nahrungsaufnahme zugeführt werden könne.<br/><br/>Im Schreiben vom 15.01.2019 bat das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Landes Rheinland-Pfalz das BfArM um eine Stellungnahme, ob sich bei den Produkten der Klägerin um zulassungspflichte Arzneimittel handele.

 

Sichtweise des BfArM

Das BfArM ist der Auffassung, dass es sich bei den Produkten der Klägerin um zulassungspflichtige Arzneimittel handele. Beide Produkte seien sowohl als Funktions- als auch Präsentationsarzneimittel einzustufen. Begründet wurde diese Stellungnahme mit den bisher gewonnenen erlangten Erkenntnissen aus Tiermodellen und Humanstudien, bei denen gezeigt werden konnte, dass CBD diverse pharmakologische Wirkungen habe. Als weitere Begründung für eine pharmakologische Wirkung wurde ebenfalls das in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel Sativex, das amerikanische Arzneimittel Epidiolex sowie der Orphandrug-Status der EMA für CBD angeführt. Ebenfalls sei nach Zugrundelegung der Angaben des Deutschen Arzneimittel-Codex von einer nennenswerten Beeinflussung der physiologischen Funktionen auch bei einer niedrigen Dosis auszugehen. Ebenfalls führte das BfArM an, dass sich eine pharmakologische Wirkung schon unterhalb der Wirksamkeitsschwelle eines Wirkstoffes sukzessive aufbaut und nicht abrupt dem Erreichen einer Wirksamkeitsschwelle einsetze. Auch sei es nicht möglich mit der normalen Nahrungsaufnahme vergleichbare Mengen CBD zuzuführen sowie sei die Verwendung von CBD zur Ernährung nicht bekannt. Tee aus Hanfblättern bzw. -blüten unterliegen dem deutschen Betäubungsmittelgesetz und Hanfsamen bzw. Hanfsamenöle enthielten kein CBD. Zusätzlich sehe das BfArM durch Aufmachung und Marketing die Suggestion eines Präsentationsarzneimittels gegeben, welche durch die Klägerin auch nicht durch eine Abänderung in ein Aroma-Öl beseitigt werden konnte.

 

Exkurs Abgrenzung Nahrungsergänzungsmittel vs. Arzneimittel

Die Einordnung von Grenzprodukten gerade in Abgrenzung zu Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln erfordert besondere Kriterien in Bezug auf die Zweckbestimmung eines Produkts. Nicht jede pharmakologische Beeinflussung physiologischer Funktionen macht ein Produkt zum Arzneimittel. Der weit gefasste Begriff des Funktionsarzneimittels ist bei der Abgrenzung zu Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel sachgerecht einzugrenzen. Eine Beeinflussung menschlicher physiologischer Funktionen erfolgt durch Lebensmittel ebenfalls und kann durch die Ernährung auch zielgerichtet herbeigeführt werden. In gesteigertem Maß gilt dies für Nahrungsergänzungsmittel, die als Konzentrate von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, vgl. § 1 Abs. 1 NemV.

Eine tragfähige rechtliche Abgrenzung lässt sich angesichts dieser Nähe der Produktkategorien nur vornehmen, wenn die Entscheidung alle Merkmale des Produkts berücksichtigt. Dazu zählen seine Zusammensetzung, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann. Zuvörderst muss der Stoff aber die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers nennenswert (signifikant) beeinflussen und über die Wirkungen dessen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel hat. Auf die Bekanntheit unter Verbrauchern hat auch das BfArM in diesem Fall Bezug genommen, wobei es hier der Meinung ist, dass dem Verbraucher keine andere Verwendung als die eines Heilmittels bekannt sei.

 

Urteil und Urteilsbegründung

Das Verwaltungsgericht Köln entschied nun am 22.03.2022, dass die Produkte der Klägerin als zulassungspflichtige Arzneimittel einzustufen sind und folgte damit der Stellungnahme des BfArM. Insbesondere führte das VG Köln hierbei die pharmakologische Wirkung in wirkstoffgleichen Arzneimitteln an, deren Zulassung dafürspreche, dass CBD auch in anderen Produkten pharmakologisch wirksam sei. Dies gelte auch für Produkte, in denen der Wirkstoff unterdosiert sei. Auch teilte das VG Köln die Ansicht, dass eine Verwendung von CBD zur Ernährung nicht bekannt sei. Die, von der Klägerin, angeführten Nahrungsmittel enthielten entweder gar kein CBD oder unterliegen aufgrund ihres THC-Gehaltes dem Betäubungsmittelrecht.