Dr. Ingo Schneider aus Bremen, tätig bei Castringius Rechtsanwälte und Notare in Bremen, präsentierte das Seminar Sachkundige Person-Qualified Person, Leitung der Herstellung sowie Leitung Qualitätskontrolle, 10.05.2017 in Unna bei Dortmund.
Hier einige Aspekte aus dem intensiven und doch kurzweiligem Programm rund um die Themen Verantwortung und Risiko:
VertretungWas bedeutet eine Vertretung?
Im BGB §164 bedeutet der Begriff Vertretung: Im eigenen Namen Willenserklärungen für die zu vertretende Person abzugeben. Die Willenserklärungen gelten also unmittelbar für und gegen diese vertretene Person! Sinn der Vertretung ist, Erweiterung des Risikobereiches für die zu vertretende Person und den Stellvertreter.
DelegationDelegation ist kein Rechtsbegriff.
Unterschied zu im Auftrag: Bei einem Auftrag wird keine eigene Willenserklärung der beauftragten Person abgegeben.
BoteEin Bote ist nur der Übermittler einer Nachricht und trägt keine Verantwortung.
Sachkundige PersonWie viele Sachkundige Personen gibt es? Es gibt zwei:
- Sachkundige Person nach § 14 AMG
- sonstige sachkundige Person
Die sachkundige Person nach § 14 AMG wird als QP bezeichnet, ist daher auch in der Herstellungserlaubnis genannt. Ein Unternehmen mit Herstellungserlaubnis benötigt also mindestens eine sachkundige Person nach § 14 AMG.
Die Vertretung, der Vertreter der sachkundigen Person nach § 14 AMG braucht nicht in der Herstellungserlaubnis zu erscheinen, benötigt aber die Sachkenntnis nach § 15 AMG. Also nur eine QP gemäß Herstellungserlaubnis ist zwingend notwendig.
QualifikationDas AMG kümmert sich nicht um die Qualifikation der Leitung Herstellung und Qualitätskontrolle, sondern lediglich um die der Sachkundigen Person. Gefordert ist im AMG in Verbindung mit der AMWHV die angemessene Qualifikation der Leitung Herstellung und Qualitätskontrolle.
Jeder trägt Verantwortung.Hat sich bei einer Person ein Vorfall ereignet, ist dort auch der Haftungsgegenstand festzumachen. Also unabhängig von den benannten Personen, wie Sachkundige Person, ist grundsätzlich jeder an seiner Stelle zur Verantwortung zu ziehen.
AMWHV § 16 Freigabe und neuer Anhang 16Freigabe ist nicht definiert im AMG. Im neuen Anhang 16 sind diese Begriffe enthalten: Batch Certification und Batch Release. Batch Certification ist die Aufgabe der QP. Batch Release ist nicht die unbedingte Aufgabe der QP.
Der europarechtliche Aspekt: Die QP ist für Zertifizierung verantwortlich, nicht unbedingt für die Freigabe.
In der AMWHV ist die freigebende QP insgesamt verantwortlich: siehe Regelungen im § 16 der AMWHV. Im Anhang 16 gibt es andere Regelungen im Rahmen der gestuften Herstellung: bei bestimmten Konstellationen ist die Verantwortung auch auf andere QPs zu erweitern.
Delikt und UnterschriftenDie Frage ist: Kann sich die QP auf die Unterschriften der Leitung Herstellung und Leitung Qualitätskontrolle verlassen? Antwort: Ja. Eine angestellte oder vom Herstellunternehmen beauftragte QP ist nur deliktsrechtlich gegenüber Dritten, also z.B. Verbrauchern oder Vertragspartnern seines Arbeitgebers/Auftraggebers verantwortlich. Sie hat ja keinen Vertrag z.B. mit dem Vertragspartner des Arbeitgebers/Auftraggebers! Der Sorgfaltsmaßstab ist: Im Rahmen der Zertifizierung ist der EU GMP-Leitfaden anzuwenden. Als Beispiel: Der Batch Record Review ist nicht unbedingt die Aufgabe der QP.
pU und AMHandelsVWenn ein pharmazeutischer Unternehmer (pU) Arzneimittel in Verkehr bringt, dann braucht der pU eine Großhandelsbetriebserlaubnis nach § 52a AMG.
StufenplanbeauftragterDie QP äußert sich nicht gegenüber der Behörde. Die verantwortliche Person für Risiken und Kommunikation mit Behörden ist der Stufenplanbeauftragte. Der Stufenplanbeauftragte entscheidet nicht über den Rückruf.
VersicherungenEs gibt keine Pflichtversicherung für den Hersteller, den Inhaber der Herstellungserlaubnis. Empfehlenswert ist aber unbedingt eine Betriebshaftpflichtversicherung, die auch die Risiken der Mitarbeiter, z. B. Funktion der sachkundigen Person-QP, Leitung der Herstellung und Leitung der Qualitätskontrolle mit einbezieht. Entsprechende Ausgestaltungen der Versicherungspolice sichern dies ab. Auch der Abschluss einer D&O-Versicherung ist empfehlenswert, um die Risiken aufzufangen, welche die Tätigkeit als sachkundige Person in sich trägt. Bei solchen Versicherungen handelt es sich um eine Vermögensschadenversicherung und gleicht einer Berufshaftplichtversicherung.
HaftungsfreistellungDie Haftungsfreistellung ist eine Erklärung des Arbeitgebers, dass die verantwortliche Person von der Haftung gegenüber einem Dritten freigestellt wird. In bestimmten Fällen ist die Haftungsfreistellung zu empfehlen.